Smart Grid-Gespräch: Smarte Quartiere erleben – von der Vision zur Umsetzung

Christoph Schlenzig beim Smart Grid-Gespräch

Führt die digitale Transformation die Energiewende zum Erfolg?

Klimaschutz nimmt seit den Fridays for Future Demos und der letzten Europawahl einen breiten Raum in der öffentlichen Debatte ein. Alle Parteien positionieren die Erreichung der Klimaschutzziele neu in ihren politischen Programmen. Aber wie steht es aktuell um die notwendige Energiewende? Und welche Rolle am Erfolg der Energiewende können sogenannte „smarte Quartiere“ spielen? Darum ging es in der gemeinsamen Veranstaltung der baden-württembergischen Energienetzwerke Smart Grids-Plattform Baden-Württemberg e.V. und fokus.energie e.V. an der IHK Karlsruhe Anfang Juli.

In sechs Vorträgen wurden smarte Quartiere durch alle Phasen von der Ausgestaltung des Bebauungsplans bis zum Betrieb beleuchtet. Es wurde aufgezeigt wie sich smarte Quartiere in der Praxis bewährt haben und welches Potential noch in ihnen schlummert.

Die Energiewende muss die Städte erobern

Der Ausbau der Erneuerbaren erfolgte bis jetzt schwerpunktmäßig auf dem Land. Um die Energiewende weiter voranzubringen und die Klimaschutzziele 2050 zu erreichen, war es Konsens unter den Referenten, dass die Energiewende die Städte erobern muss. Smarte energieoptimierte Quartiere bilden das erfolgsversprechende Konzept, dieses Ziel im urbanen Raum zu erreichen. Dabei müssen Wirtschaftlichkeit, Nutzerfreundlichkeit und Netzdienlichkeit im Vordergrund stehen.

Smarte Quartiere sind der Schlüssel für den urbanen Raum

Smarte Quartiere werden mit erneuerbarer Energie lokal versorgt. Geeignete Quartiersspeicher, ein integriertes Energiemanagement und Sektorkopplung sorgen dafür, dass der Strom zum größten Teil selbst verbraucht, in Wärme umgewandelt oder zum Laden von Elektroautos verwendet wird. Die Flexibilität der smarten Quartiere kann dabei auch netzdienlich zur Stabilisierung der regionalen Stromnetze genutzt werden.

Smarte Quartiere bieten eine Fülle neuer Geschäftsmodelle

Smarte Quartiere bieten große Chancen für Stadtwerke, ihr traditionelles Geschäftsmodell des „Stromverkaufs“ abzulösen bzw. zu ergänzen. Diese neuen Geschäftsmodelle erfordern technisches und energiewirtschaftliches Knowhow und eine vertrauensvolle Präsenz vor Ort. Hier sind die Stadtwerke bereits sehr gut aufgestellt. Wenn es ihnen gelingt, die bestehenden Contracting-Lösungen zu digitalisieren und mit neuen Services zu kombinieren, dann entstehen in smarten Quartieren lukrative Geschäftsmodelle, die einen dreifachen Win ermöglichen:

 

  • die Erreichung der Klimaschutzziele für die Gesellschaft
  • eine Erhöhung der Lebensqualität für die Bewohner
  • neue rentable Produkte und Dienstleistungen für die Stadtwerke

Karlsruhe als Klimaschutz-Akteur und Exporteur von Lösungskonzepten

Während Jochen Ehlgötz, Geschäftsführer der Technologieregion Karlsruhe (TRK), die Kompetenzen der Technologieregion Karlsruhe aufzeigte,betonte Bernhard Rindt, Geschäftsführer der egrid applications & consulting GmbH und Spezialist für Planungsprozesse, dass die Weichen für ein smartes Quartier idealerweise schon sehr frühzeitig von den Kommunen im Planungsprozess aufgenommen und z.B. mit dem Bebauungsplan konkretisiert werden sollten. Hier läge der Schlüssel für erfolgreiche smarte Quartiersprojekte.

Plakate Klimastreik

Jonas Vöhringer von Seven2one GmbH lieferte einen Überblick über die neuen Geschäftsmodelle im smarten Quartier und zeigte deren Ausgestaltungsmöglichkeiten und Geschäftspotentiale für die Stadtwerke. Demnach können Energie-Contracting-Lösungen genutzt werden, um eine digitale Kundenbeziehung zu den Kunden zu etablieren und eine konsolidierte zentrale Datenbasis zu schaffen. Dies sei die notwendige Grundlage für weitere neue Dienstleistungen wie Mobilitätsangebote, Online-Abrechnung, Smart Home und andere Informationsdienste.
Plakate Klimastreik

In der Pause konnten sich die Besucher im BMWi-geförderten SINTEG Schaufensterprojekt „C/sells“, informieren, wie Bürger und Beteiligte die Energiewende wahrnehmen und zum aktiven Mitmachen motiviert werden können.

Smarte Quartiere in der Realität

Heinz Hagenlocher von der Avat Automation GmbH stellte das bereits realisierte Projekt Urbanharbor in Ludwigsburg vor, wo in einem alten Industrieareal eine integrierte Energieinfrastruktur für smarte Quartiere aufgebaut wurde.

Das Projekt Urbanharbor stellt ein hervorragendes Beispiel dar, wie das Potential zur energetischen Optimierung auch im Altbestand entfaltet werden kann. Weiterhin zeigt dieses Projekt, dass ein smartes Quartier nicht unbedingt in einem Durchgang, sondern in Schritten realisiert werden kann.

Auch der Geschäftsführer der evohaus sowie der evohaus IRQ GmbH Heinz Hanen zeigte, wie energieautarke Quartiere mit sozialverträglichen Kosten im Neubau und im Altbestand realisiert werden können. In dem bereits bewohnten smarten Quartiers im Mannheimer Konversionsareal FRANKLIN (ehem. Franklin Village), ist die Energieversorgung besonders kostengünstig, da das Energiequartiersmanagement von Anfang an mit entwickelt wurde. Auch die Tatsache, dass die Bewohner in einer Energiegewinngemeinschaft organisiert sind, hat sich Laut Herrn Hanen in der Praxis bewährt.

Smarte Quartiere lohnen sich

Die Veranstaltung schloss mit einer lebhaften, fast einstündigen Podiumsdiskussion mit den Referenten und dem Publikum. Konsens war am Schluss, dass smarte Quartiere wegen der vielen Stakeholder hochkomplexe Projekte sind und eine breit angelegte, interdisziplinäre Kompetenz benötigen, um erfolgreich umgesetzt zu werden.

Die Praxisbeispiele zeigen jedoch: Es lohnt sich!

Bildquelle Titel: Smart Grids-Plattform BW | Podium, von links: Moderator Dr. Christoph Schlenzig, Melanie Peschel

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