„Die zehn größten Fehler im Energiemanagement“ nennt eine Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). PwC hat aus ihrer Beratungspraxis die größten Fehler zusammengeführt. Wir haben uns die Irrtümer im Energiemanagement, die in der Studie zitiert werden, näher angeschaut und mit der Erfahrung aus unseren Gesprächen mit Industrieunternehmen zusammengebracht.
5 häufige Irrtümer im Energiemanagement
Die Informationen aus den Energierechnungen reichen aus, um Einsparpotentiale zu erkennen. Der zuständige Energiemanager ist der Experte. Technische und organisatorische Maßnahmen sind einfacher umzusetzen. Die Energiepolitik des Unternehmens ist nur ein marginaler Bestandteil der Unternehmensstrategie. Nur die energieintensiven Großunternehmen erzielen günstige Energieeinkaufspreise.Irrtum 1:
Die Informationen aus den Energierechnungen reichen aus, um den Energieverbrauch zu verstehen und Einsparpotenzial zu erkennen.
In Gesprächen mit Industrieunternehmen haben wir festgestellt, dass es häufig keine strukturierte Zählerinfrastruktur und kein Messkonzept gibt. Die Folge: Es liegen oft nur grob aufgelöste Daten wie beispielsweise Monatswerte für den Verbrauch nach Energieträger vor. Für eine fundierte Analyse sind jedoch hochaufgelöste Zeitreihen notwendig wie z.B. Viertelstunden-Werte für Verbrauch und Eigenerzeugung, optimalerweise je Anlagen, Bereich oder Gebäude. So lassen sich auf Basis einer fundierten Analyse auch sinnvolle Effizienz-Maßnahmen ableiten.
A und O im Energiemanagement: Solide und ausführliche Datenbasis
Eine solide und ausführliche Datenbasis ist das A und O für das Energiemanagement. So lautet die Erkenntis aus dem Projekt am Flughafen Stuttgart. Daher empfehlen wir: Daten sammeln, Daten sammeln. Je hochaufgelöster desto besser. Nur anhand konkreter Messdaten können Unternehmen den Effekt ihrer Maßnahmen sicher bewerten. Wenn Unternehmen aus Sicht der Energieflüsse ihr Energiemanagement betrachten und ihre Verbräuche, Energieflüsse und Energiewandler visuell darstellen können, ist dies enorm aufschlussreich. Denn dadurch werden Gegebenheiten sichtbar, die vorher verborgen waren. So kann beispielsweise anhand einer Grundlastkurve nachvollzogen werden, welche Anlage wann Last erzeugt hat. Die Visualisierung zeigt an, warum und wie das vermieden werden kann.
Irrtum 2:
Der zuständige Energiemanager ist der Experte.
Eines der Irrtümer im Energiemanagement, was auch die tägliche Praxis zeigt, ist fehlendes Know-how und Verantwortlichkeit. Das Thema Energie ist sehr facettenreich und erfordert viel Knowhow. Daher ist es für einzelne Person im Unternehmen, das komplette Wissensspektrum abzudecken und immer up to date zu sein. Noch schwieriger wird es, wenn das Thema Energiemanagement nicht zu den Hauptaufgaben zählt und nur „mitläuft“. Welche Wissensvielfalt für ein effizientes Energiemanagement in der Industrie notwendig ist, verdeutlicht diese Übersicht.
Übersicht: Kompetenzen im Energiemanagement
Kompetenz | Erforderliche Kenntnisse |
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Energieeffizienz steigern |
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Beschaffungsstrategie optimieren |
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Einsparung aufgrund von Privilegien (Steuern, Abgaben, Umlagen, Zuschüsse) |
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Zusatzerlöse durch Teilnahme am Energiemarkt |
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Irrtum 3:
Technische und organisatorische Maßnahmen sind einfacher umzusetzen und werden daher priorisiert behandelt.
Unternehmen neigen dazu, im industriellen Energiemanagement zunächst einmal Maßnahmen zu ergreifen, die sich schnell umsetzen lassen. Dazu zählen beispielsweise Maßnahmen wie effizientere Technologien einsetzen oder Mitarbeiter-Schulungen zum Thema Energiesparen. Solche Maßnahmen sind nachvollziehbar, sie binden jedoch oftmals die Ressourcen. Dadurch werden Maßnahmen, die ggf. mehr Energieeffizienz bringen, nicht gestartet oder mit weniger Priorität verfolgt.
Für Energiemanagement & Maßnahmen ganzheitlich denken
Daraus folgt: Um bewerten zu können, welche Maßnahmen den besten ROI (Return-on-investment), müssen ALLE Einsparmöglichkeiten betrachtet werden. Das bedeutet, dass auch solche Maßnahmen geprüft werden müssen, deren Voraussetzungen zunächst nicht erfüllt werden. Damit ist gemeint, dass zum Beispiel ein Unternehmen Energiekosten sparen könnte, wenn es die Anlagen optimiert fährt. Dies bedingt jedoch eine Steuerbarkeit der Verbraucher. Hier muss ggfls. eine Steuerbarkeit nachgerüstet werden. Oder die Teilnahme am Intraday-Markt sei eine energiekostensenkende Maßnahme. Dafür braucht es jedoch eine gewisse Vorarbeit (Prozessaufbau, Zertifizierung, etc.). Erst wenn alle Maßnahmen „auf dem Tisch“ liegen, kann man bewerten, priorisieren und mit den erfolgversprechendsten Maßnahmen beginnen. Kurz: Es braucht einen ganzheitlichen Blick auf das Energiesystem für das Energiemanagement in der Industrie.
Irrtum 4:
Die formulierte Energiepolitik des Unternehmens ist nur ein marginaler Bestandteil der Unternehmensstrategie.
Die Energiekosten für Unternehmen in Deutschland sind massiv gestiegen. So beträgt die Steigerungsrate der Energiekosten in den vergangenen 15 Jahren 200 Prozent. Weiterhin sind die Preise von Strom, Erdgas und Heizöl für die Industrie um 160 bis 490 Prozent gestiegen*.
Erfolgsfaktor: Klare Effizienz-Ziele und ein durchgängiges Konzept
Obwohl die Energiekosten steigen, wird das Thema Energiekosten senken in vielen Unternehmen noch nicht mit dem notwendigen Engagement vorangetrieben (Einsparziele, Budget. Manpower). Schon mit einfachen und kosteneffizienten Maßnahmen können Potentiale gehoben werden. Industrieunternehmen brauchen eine durchgängige Energiepolitik und klare Effizienz-Ziele für ihr Energiemanagement. So braucht es – um die definierten Ziele zu erreichen – entsprechende verantwortliche Mitarbeiter und Budgets. Daher arbeitet ein Energiemanager, der das Energiemanagement als „Nebenjob“ macht, nur mit halber Kraft oder weniger. Daher kann er seine Ziele oft nicht in einer angemessenen Zeit erreichen.
* Quelle: https://www.dena.de/themen-projekte/energieeffizienz/unternehmen/
Irrtum 5:
Nur die energieintensiven Großunternehmen erzielen günstige Energieeinkaufspreise.
Wir stimmen zu: Der klassische Einkauf lässt sich nicht mit dem Energieeinkauf vergleichen. Hier spielen Kriterien wie beispielsweise Qualität, Menge so gut wie keine Rolle. Viel wichtiger ist es, den eigenen Bedarf sowohl zeitlich als auch mengenmäßig genau zu kennen. Hier wird es in der Zukunft immer wichtiger werden, eine Bedarfsprognose liefern zu können, die ALLE relevanten Faktoren wie z.B. Wetter, Marktpreise, Typ-Tag, Lastverhalten, Auftragslage einbezieht.
Flexible Beschaffung statt Vollversorgung
Mangels Ressource und aus Risikoabwägungen heraus, decken Industrieunternehmen heute ihren Bedarf häufig noch über langfristige Verträge (Bänder). Sie kaufen eher in Jahres-Tranchen ein als zumindest einen Teil ihres Bedarfs über den Spotmarkt abzudecken. Der Komfort der Vollversorgung im industriellen Energiemanagement kostet Geld. Mit einer Flexibilität in der Beschaffung und einer Einkaufsstrategie, die an die Risikobereitschaft des Unternehmens angepasst ist, lassen sich ebenso Energiekosten senken. Darüber hinaus lohnt es sich über eine bessere Nutzung der Eigenerzeugung nachzudenken. Dies lässt sich mit einem ganzheitlichen Ansatz herausfinden und Unternehmen können einen weitereren Irrtum im Energiemanagement umgehen.
Kommentare
Sehr guter Beitrag.
Endlich wieder ein Denkender.
Diese Einsichten fehlen den meisten Managern, nicht nur im Energiesektor.
Leider haben Energieversorger wahrscheinlich Probleme mit dieser Denkweise.